Grundlagen für eine künftige ressortübergreifende Strategie für globale Gesundheit
Im Sommer 2013 hat die deutsche Bundesregierung das von fünf Ministerien ausgearbeitete Konzeptpapier „Globale Gesundheitspolitik gestalten – gemeinsam handeln – Verantwortung wahrnehmen“ beschlossen. Die darin formulierten Vorschläge sollen dazu beitragen, die weltweite Zusammenarbeit wirksam im Sinne der Verbesserung der globalen Gesundheit zu nutzen. Ein solches Engagement ist erfreulich – und dringend erforderlich. Denn obwohl in einigen Gesundheitsfeldern in den vergangenen Jahrzehnten punktuell Verbesserungen erzielt worden sind, ist die Gesundheitslage an vielen Orten der Welt und für unzählige Menschen weiterhin dramatisch. Nach wie vor klaffen zwischen Nord und Süd wie auch zwischen Arm und Reich die Bedingungen für ein gesundes Leben in erschreckendem Maße auseinander – das betrifft sowohl die Versorgung im Krankheitsfall als auch den Schutz vor Gesundheitsgefährdungen und -belastungen. Mehr noch: Der vielerorts zu verzeichnende Abbau solidarischer Sicherungssysteme, aber auch wachsende soziale Ungleichheiten, der Klimawandel, eine schwindende Ernährungssouveränität und die Zunahme neuer Kriege haben die gesundheitlichen Risiken vielerorts erhöht.
Vor diesem Hintergrund hat sich die Plattform für globale Gesundheit (PGG), die 2012 von Sozialverbänden, nicht-staatlichen Organisationen, Gewerkschaften und Wissenschaftlern gegründet wurde, intensiv mit dem Konzeptpapier der Bundesregierung auseinandergesetzt. Die Plattform begrüßt, dass die Bundesregierung die Dringlichkeit des Themas erkannt und sich bereit erklärt hat, die Herausforderungen der weltweiten Zusammenhänge von Gesundheit anzunehmen. Sie kommt jedoch zu dem Schluss, dass in dem Papier zentrale gesundheitspolitische Probleme nicht, nicht hinreichend oder gar fehlleitend adressiert werden. Auf den nächsten Seiten wird dies anhand einiger gesundheitsrelevanter Felder aufgezeigt, von Ernährungsfragen über die Migration von Gesundheitsfachkräften bis zum Klimawandel und die internationale Handels- und Steuerpolitik.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Bundesregierung in ihrem Konzeptpapier von einem verkürzten Gesundheitsbegriff ausgeht. So hat das Regierungshandeln in erster Linie „den Schutz der Bevölkerung in Deutschland“ zum Ziel – und damit nicht gleichrangig den von allen Menschen an jedem Ort. Problematisch ist zudem der klinisch-medizinische Ansatz, mit dem sich die Bundesregierung globaler Gesundheit nähert. Dadurch geraten die die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen aus dem Fokus, die gesundheitsfördernd bzw. -erhaltend oder eben auch -gefährdend sein können. Ausgehend von einem solchen umfassenden Verständnis von Gesundheit kommt die Plattform an vielen Stellen zu anderen, deutlich weiterreichenden Schlüssen als die Bundesregierung.
Die nachfolgenden Ausführungen zeigen wesentliche Aspekte auf, die nach Ansicht der Plattform für eine Strategie, die den komplexen Anforderungen globaler Gesundheitspolitik gerecht wird, unverzichtbar sind. Denn ohne den Erhalt und den Schutz öffentlicher und solidarischer Gesundheitssysteme, den Kampf gegen gesundheitsgefährdende Arbeits-, Lebens- und Umweltbedingungen und Strategien für mehr soziale Gerechtigkeit und Demokratie wird man dem Ziel einer globalen Gesundheit für alle Menschen an jedem Ort nicht entscheidend näher kommen. Die Plattform bietet der Bundesregierung ihre Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Konzeptpapiers an.